Die narrative Games-Evolution – 3/3

Man wünscht sich mehr erzählt zu bekommen in Videospielen. Es soll nicht mehr die plumpe Story sein, die einem schlechten Action-Film gleicht. Am besten sollte die Story noch Hand in Hand gehen mit der Spielmechanik. All das kritisieren und wünschen sich viele Spieler, (Ex-)Journalisten und Autoren. Doch tut sich da nicht schon etwas? (3/3)

Teil 1 und 2 findet ihr hier und hier.

Evolution des Telltale-Prinzips

Klassische Point N‘ Click Adventures wären eigentlich ideale Träger für tolle Geschichten, aber so wirkliche Oberhammer findet man da auch nie bzw. man versucht heutzutage eher „retro“ zu bleiben, als sich weiter zu entwickeln. Doch auch hier gibt es Ausnahmen, die Telltale Games nach jahrelangen Versuchen endlich etabliert hat. Angefangen mit The Walking Dead (Sprechanfall #1) ergriffen sie uns Spieler mit dramatischen Geschichten und banden uns sehr gut an Charaktere, wie das lange kein Spiel mehr geschafft hatte. In Schlüsselmomenten musste der Spieler schwerwiegende Entscheidungen treffen, die mehr oder weniger zu einem anderen Erzählstrang führten. Ähnlich den alten Rollenspiel-Büchern. Diese Erfolgsstory setzen sie bis heute fort, allerdings findet da kaum eine Entwicklung in Sachen Gameplay oder Grafik-Stil statt und man spielt sich langsam aber sicher satt daran.

Den nächsten Schritt wagten sich die Entwickler von Life is Strange (Sprechanfall #45), indem man die Geschichte einer übernatürlich begabten Schülerin folgt und natürlich wieder Entscheidungen trifft, die die Handlung verändern. Diesmal verzichtete man aber auf die bei Telltale Games gern genutzten Quick-Time-Events, was dem Spiel auch mehr Ruhe verlieh.

Ex-Mitarbeiter von Telltale Games gründeten ein neues Studio und entwickelten das Spiel Firewatch (Sprechanfall #45), das sich am „Telltale-Prinzip“ orientiert, aber in einer neuen Grafik-Engine daher kommt und dazu die Erzählung in das Walking-Simulator-Gewand steckt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Fast schon im AAA-Bereich angekommen zeigt der PS4-exklusive Teenie-Horror Until Dawn wohin es führen kann. Mit Motion-Capturing und einer ordentlichen Grafik-Engine, sieht man was aus dem „Telltale-Prinzip“ raus zu holen ist. Inklusiver QTEs, die allerdings nicht zum Gameover führen. Obendrauf gibt es am Ende eine tiefgründigere Story, als es am Anfang den Eindruck erweckt.

Gameplay macht Story-Experimente

Interessante technische Ansätze von Storytelling gibt es auch schon hier und da. Einige Spiele, wie Out There (Sprechanfall #14) verknüpfen ein simples Gameplay mit Zufalls-Algorithmen und prozeduraler Generierung. Bei Out There entsteht bei jedem Spiel eine eigene individuelle Geschichte des Reisenden, die sich auf Spieler-Entscheidungen und Zufallsmechaniken beruht. Natürlich kommt hierbei nichts sonderlich Tiefgründiges heraus, aber doch faszinieren diese kleinen Geschichten immer wieder. Interessantes Beispiel hier ist wohl auch das Strategie-Spiel Crusader Kings 2, dass durch Zufallsentwicklungen und Spieler-Input Geschichten von Königreichen, Intrigen und Familien-Dramen entfalten, die einem Game of Thrones in nichts nachstehen.

Lasst euch was erzählen

Wer die Augen offen hält, wird hier einiges finden von den großen Narrativen, die wir so in den „großen“ Spielen vermissen. Gerade in der Indie-Welt wird hier sehr viel experimentiert und mit verschiedenen Elementen und Genres gespielt, dass es immer wieder erstaunliche Ergebnisse zu bestaunen gibt. So kann auch das Medium Videospiel bald den Büchern und Filmen als große Geschichten-Erzähler auf einer Ebene stehen. Oftmals muss man sich als Spieler auf die Experimente einlassen, oftmals ist auch nicht immer alles so einladend, aber es lohnt sich immer wieder. Und wer weiß, irgendwann kommen die neuen Narrativen evtl. auch bei den Mainstream-Produktionen an und es werden tiefgründige Geschichten für die Masse erzählt. Was im Kino oder in Büchern klappen kann, warum nicht auch bei Videospielen?

 

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2 Gedanken zu „Die narrative Games-Evolution – 3/3

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