The new 52 – Wie man seine Comic-Kindheit nachholt

In der Comic-Welt ist etwas Historisches passiert. Der Relaunch ging herum. Das wäre ja nichts Neues, denn das machen viele Hersteller in allen Unterhaltungsmedium ja gern. Einfach das Vergangene hinter sich lassen und mit neuem Ansatz, aber derselben „Marke“ einfach einen Neustart wagen. Aber bei DC-Comics stand den Comic-Fans und alle, die es noch werden wollen, etwas Größeres ins Haus. Ein gleichzeitiger Relaunch ganzer 52 Comic-Serien, darunter auch Klassiker wie Batman, Superman und Green Lantern. Wer also seine verpasste Comic-Kindheit nach holen will, der wird derzeit umso mehr beglückt. Ein Selbstversuch.

Wie man die Comic-Kindheit verpasst

So als Nerd (zumindest als einer meiner Generation) kommt man ja immer wieder in Situationen, in denen nostalgisch von früheren Zeiten geschwärmt wird. Retro-Remakes sind ja eh etwas für „Casual-Nerds“. Nein, die richtig Harten spielen ja, um bei den Videospielen anzusetzen, wenn Retro, dann richtig Hardcore die alten Spiele auf den alten Systemen. Und wie hat es bei dir angefangen? Da fliegen die Schlag- und Reizwörter wie „C64“, „NES“ oder „Amiga“ durch den Raum, gefolgt von erinnerungsgeschwängerten Grunzlauten. Wehe dem, der da nicht wirklich mitreden kann.

Doch bei Comics wird das schwieriger. Klar, jeder kennt Batman, Superman und die ganzen bekannten Superhelden, die teilweise schon in den 30ern und 40ern aufkamen und bis heute überlebt haben. Dank Hollywood, kann man sie ja heutzutage auch schon auf der großen Leinwand immer wieder bewundern oder daheim auf der Couch auch die Spiele spielen. Doch 70 Jahre an Comic kann kaum jemand von Anfang an mitverfolgt haben (zumindest nicht in meiner Generation). Auch in der Kindheit sind diese amerikanischen Superhelden irgendwie an mir vorbei gegangen, mal abgesehen von der peinlichen FrankAdam West Batman-Serie im Fernsehen. Erst in den 90ern und 2000ern kam mein langsamer Einstieg mit ein paar damals neuen Sachen, wie Millers Batman oder die etwas ernsteren Transmetropolitan von Warren Ellis und Sandman von Neil Gaiman. Der Vorteil war, dass die Serien schon abgeschlossen waren und als Paperback-Sammlung zu kaufen gab.

In die seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, laufenden Comic-Serien wollte man irgendwie nicht einsteigen. In richtigen Comic-Läden ist man regelmäßig überfordert, in den kleinen Vertreter zumindest, die aus Hunderten Kisten mit Tausenden von Einzelheftchen bestehen. Ja, genau wie das Geschäft, indem die Jungs in „The Big Bang Theory„ immer herumhängen. Herumstöbern ist toll, aber irgendwie will man nicht #77 kaufen, wenn man noch nicht mal weiß, ob man #78 jemals finden wird, besonders, wenn die Reihe aktuell bei #109 ist!

2011 war der (Neu-)Anfang

Nun hatte DC Comics, einer der beiden US-Comic-Riesen, eine nette Idee, wenn auch wohl mit wirtschaftlichen Hintergedanken. Womöglich um ihren Umsatz durchstarten zu lassen und somit ihren großen Konkurrenten Marvel wieder zu toppen, stoppten sie ganze 52 laufenden Serien, um sie zwischen August und Oktober alle wieder frisch auferstehen zu lassen. Quasi eine Zäsur in der Comic-Geschichte. 52 neue Erstausgaben kamen auf den Markt. Von Superman, über Batman bis Green Lantern wagte man einen Neuanfang, wobei aber die meisten Universen intakt blieben, sprich als alter Hase verlor man nicht alles Vorwissen, das man sich angeeignet hatte. Und natürlich der perfekte Einstieg für alle, die es bisher nicht gewagt haben.

Doch auch hier fehlt erst mal der Überblick. 52 Serien sind schon ganz schön viele. Selbst wenn man sich beispielsweise auf die Batman-Serie beschränken will. Da gibt es nämlich ganze drei Serien (Detective Comics, Batman und Batman: The Dark Knight). Von den ganzen Spin-offs (Batwing, Batwoman, Batman & Robin usw.) wollen wir gar nicht anfangen. Doch hier hat DC auch eine Lösung: Die gesammelten Erstausgaben aller 52 Neustarts in einem Buch. Und im Laufe des Jahres kommen auch noch die ersten sechs Ausgaben jeder Serie in einem Paperback-Buch zusammengefasst. Der Autor hat sich aber in die 52 Erstausgaben gestürzt und holt Tatsache seine verpasste Comic-Kindheit nach.

DC Comics: The New 52

So ist es also, wenn man Nerd-Vater wird. Das Kind, ~28 x 19 x 7cm groß und ganze 3,4 kg schwer. Das denkt man ja nicht, 52 Comic-Hefte sind zwar ein ansehnlicher Stapel, aber in Buchform übertrifft es einfach die Erwartungen. Ich fand damals „Cages“ von Dave McKean mit seinen 2 kg schwer! Der große Nachteil an so riesigen Büchern ist natürlich, dass man es nicht gemütlich im Bett lesen kann. Also wurde kurzerhand auf der Couch eine Comic Leseecke eingerichtet, mit kleinem Kissen für den Schoss zum Ablegen. Eine ganz neue Leseerfahrung!

Der Inhalt ist genial auch wenn sehr viele Gurken darin sind. Doch endlich weiß ich über so vielerlei Comic-Helden Bescheid, die man bisher nur vom Namen oder von Filmen her kannte. Allein im Batman-Universum sieht man mal, was Nebencharaktere eigentlich so treiben. Robin beispielsweise hat ja auch mit „Nightwing“ seinen eigenen Superhelden-Traum erfüllt und die Tochter von Comissionar Gordon ist ja Tatsache als „Batwoman“„Batgirl“ unterwegs. Und in „Catwoman“ sieht man den harten Batman auch mal in einem Tächtelmächtel mit der sexy Katzen-Dame. Sehr interessant! Crossover-Auftritte sind auch immer wieder beliebt. So erscheint Superman auch mal in „Swamp Thing“, oder man lernt in „Allstar Western“ das Gotham City in Wild West Zeiten kennen, inklusive dem späteren Gründer von Arkham Asylum. Der Comic an sich leider aber nicht so interessant.

Bei manchen Serien bin ich sogar auch hängen geblieben und habe die Folge-Heftchen gekauft und teils auch mal das eine oder andere dieser sagenumwobenen Abos eingegangen. Mit „Justice League“ haben wir hoffentlich eine herrliche Comic-Reihe vor uns. Die Top-Superhelden Batman, Superman, Green Lantern, Flash, Wonder Woman und Cyborg (kennt den Jemand?) treffen auf sehr humorvolle Weise zusammen und bekämpfe natürlich irgendwie das Böse.

Die Neuauflage der Klassiker-Serien „Detective Comics“, sprich Batman und, junge, hat mich das überrascht: „Action Comics“, sprich Superman von dem ehrwürdigen Grant Morrison, sind fast schon Pflicht! Wohlgemerkt, ich hasse Superman, eigentlich, aber „Action Comics“ war überraschend gut, Superman gibt sich diesmal anders, auch wenn das eingefleischte Fans (also nicht ich) doof finden.

Und die eigentliche „Batman“-Serie musste für mich auch sein, weil die „Dark Knight“-Serie langweilig ist. Auch eine gute Serie ist „Swamp Thing“ geworden. Ein Typ, der geistig verbunden ist mit der Natur aus dem Sumpf, die sich in einem riesigen, eh… „Ding“ manifestiert. Ein düsterer Horror-Comic, auch wenn nicht sonderlich gruselig.

Quest erfüllt: Comic-Kindheit nachgeholt

Die doch etwas teure Anschaffung des Riesenbuchs „The New 52“ hat sich für mich sehr gelohnt. Endlich habe ich meinen verpassten Einblick in viele Comic-Serien nachgeholt, und auch wenn ein Großteil der einzelnen Heftchen doch nicht wirklich das Wahre sind, wollt ich nicht missen, da doch einmal rein gelesen zu haben. Mein nerdiges Allgemeinwissen hat einen großen Zuwachs erlebt. Gewußt, dass der Serienheld Dexter und Barry Allen (a.k.a. Flash) Gemeinsamkeiten haben? Beide sind Forensik-Spezialisten bei der Polizei! Oder dass Batman bei seinen Kollegen gar nicht so einen guten Ruf hat? Der olle Batman hat ja keine Superkräfte … und Aquaman ist ein eingebildeter Schönling!
Vor allem hat mir der Mörderwälzer geholfen, ein paar aktuelle Serien von Anfang an mit verfolgen zu können. Wunderbar, in Zukunft bekomme ich mal ganz Comic-Fanmässig, monatlich einen kleinen Stapeln an neuen Comic-Heftchen von meinem Lieblings Comicdealer aus Berlin geliefert. Nun kann man von Anfang an dabei sein und später seinen Kindern davon erzählen. Im Idealfall werden sie womöglich eines Tages zu Ebay-Gold.

Für interessierte, die sich auch einmal in die klassische Comicwelt werfen möchte, empfehle ich den Comic-Shop „Blackdog“ aus Berlin. Die Jungs und Mädels haben sich auf US-Comics spezialisiert und gehen auch kompetent und freundlich auf Sonderwünsche ein. → Blackdog.de

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